Hoffnung

No need to run and hide
It's a wonderful, wonderful life
No need to laugh and cry
It's a wonderful, wonderful life

„Wonderful Life“ (black)

Es ist der vierte Tag im Monat April im Jahre 2020. Ein Samstag. Ein sonniger Tag. Eigentlich ein toller Tag um die Zeit mit seinen Liebsten draussen zu verbringen, shoppen zu gehen oder einen Drink in einer Gartenkneipe zu geniessen und anderen beim Spazieren zuzuschauen. Eigentlich.

Denn seit bald drei Wochen herrscht in der Schweiz – und nicht nur hier – eine ausserordentliche Lage; manche würden es wohl Notstand nennen. Der Grund: #COVID-19.

Wie in einem verworrenen David-Lynch-Film so fühlt man sich auch jetzt in einer surrealen Welt: Das komplette soziale Leben ist lahmgelegt; nur noch die notwendigsten Geschäfte sind geöffnet; Schulen sind geschlossen; viele Menschen haben keine Arbeit. Einsamkeit. Ratlosigkeit. Hoffnungslosigkeit.

Und jetzt erkennen wir Menschen halt wieder einmal auf schmerzliche Weise, wie fragil das Leben doch eigentlich ist – und das man einander Sorge tragen sollte. Und auch wenn es Menschen gibt, die gerne Grenzen schliessen, Menschen wegsperren oder verhungern lassen würden; so interessiert sich ein Virus nicht für Grenzen. Ihm ist auch relativ egal, was der Mensch gewählt hat oder was er isst.

Anders aber als in einem Lynch-Film darf man hier durchaus auf ein „Happy End“ hoffen. Ich möchte meinen unverbesserlichen Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren; wenn ich sehe, wie Nachbarschaftshilfen funktionieren, wie viele Menschen in leider unterbezahlten Berufen (über eine faire Bezahlung müssen wir unbedingt sprechen!), für andere da sind; wenn ich sehe, dass viele für einmal ihre politischen Differenzen vergessen, so lässt mich das hoffen. Das Leben ist schön und es ist zu kurz um es mit Hass auf andere zu verbringen. Gerade jetzt.

Anmerkung: Der Text widerspiegelt nur und ausschliesslich meine Sicht und meine Gedanken. Ich masse mir nicht an, für andere Menschen zu sprechen… Aber vielleicht fühlt sich jemand durch meine Zeilen angesprochen… Das würde mich natürlich freuen…

Ein Jahresrückblick. Oder so.

Ich mag Rückblicke eigentlich nicht. Sie erinnern mich immer ständig an meine ganzen Fehler. Und eigentlich wollte ich dieses Jahr keinen schreiben. Als ich aber den Rückblick bei Philippe Wampfler  las, hatte ich zumindest eine Inspiration. So erfolgreich wie er bin ich allerdings – leider – nicht.

Lediglich 39 Artikel habe ich in diesem Jahr veröffentlicht – die meisten im November 2012. Das Echo auf viele Beiträge war sehr positiv, auch wenn keine eigentlichen Diskussionen in meinem Blog stattgefunden haben – es gab ab und zu mal einen Kommentar. Im «realen Leben» werde ich übrigens auf meine Blogbeiträge nie angesprochen. Ein Umstand, der mir nicht ganz ungelegen kommt…

Ich liebe es zu schreiben. Mit Worten zu spielen, mit Texten zum Nachdenken anzuregen. Gewiss, meine Kommasetzung ist ganz altmodisch (und vermutlich vielfach unnötig) und meine langen Schachtelsätze machen das Lesen nicht ganz einfach. Aber das ist meine Art zu schreiben. Mehr kann ich nicht.

Wenn ich ein Fazit aus dem vergangenen Jahr ziehen sollte, wäre es wohl ein durchaus gemischtes: Die Welt ging nicht unter. Aber die Menschheit tanzt in einem aussichtslosen Tanzwettbewerb mit dem Teufel um ein klein wenig Verschnaufzeit. Der letzte Tanz hat begonnen und die Menschheit hinkt – nicht nur auf der Tanzfläche – hinterher. Nein, auch ohne Weltuntergang sieht es düster aus. Und nein, damit meine ich nicht die nackten Wirtschaftszahlen, die durchaus auch schlecht sein können. Ich meine die Menschheit als solches.

Folgendes Zitat zeigt ganz schön, was ich denke:

«We’re not gonna make it, are we? People, I mean. »

«It’s in your nature to destroy yourselves. »

«Yeah. Major drag, huh? »


Zitat aus «The Terminator 2: Judgement Day»

Aber ich schweife ab. Eigentlich wollte ich ja über meinen Blog schreiben. Eigentlich. Und «uneigentlich» (ja, das Wort gibt es nicht… ich weiss…) hängt das alles irgendwie zusammen. Ich kann für mich nicht in Anspruch nehmen, die Welt verändern zu können. Für so wichtig nehme ich mich nicht. Aber ich versuche – auch wenn ich ständig scheitere – jeden Tag meine Welt zu verbessern. Irgendwie. Und solange ich morgens noch die Kraft finde, aus dem Bett zu steigen, werde ich es versuchen…

Weihnachtswunsch.

Weihnachten steht vor der Türe und im TV laufen all die alten Filme, mit denen ich gross geworden bin und die ich seit meiner Kindheit schätze. Allen voran natürlich «Der kleine Lord» mit einem wunderbaren Sir Alec Guinness.

«Der kleine Lord» blieb mir dieses Jahr besonders in Erinnerung: Eine rührende Geschichte über einen Jungen, der in seinem Onkel nur das Gute sieht und all die negativen Seiten, die den Erwachsenen durchaus nicht verborgen bleiben, ausblendet. Jetzt könnte man einwenden, dass der Junge hoffnungslos naiv und gutgläubig wäre. Ein «Gutmensch» halt, wie es sie heutzutage so oft gibt und wie sie oft belächelt werden.

Für mich steht der kleine Junge für das, was uns Menschen eigentlich ausmachen sollte: Für den Glauben an das Gute im Menschen.

Ich möchte in einer Welt leben, in der man Menschen wieder vertraut. In der man Menschen nicht zuerst nach ihrem Aussehen, ihrem Glauben, ihrer politischen Einstellung beurteilt oder gar verurteilt. Ich möchte in einer Welt leben, in welcher ein Flüchtling die Hilfe erhält, die er verdient. In der ein Mensch, der aus seiner Heimat flüchten muss – aus welchen Gründen auch immer – wie ein Mensch behandelt und nicht als «Problem» oder «Kostenfalle» gesehen wird. Und in der jeder Mensch eine Chance erhält, so dass ich mir so etwas nicht mehr wünschen muss…

Und ich möchte in einer Welt leben, in der es selbstverständlich ist, anderen Menschen zu helfen, für andere Menschen da zu sein, für die Menschlichkeit einzustehen.

In dieser Welt möchte ich leben. Und das nicht nur während der Weihnachtszeit, sondern das ganze Jahr über. Für so eine Einstellung sollte es keine Programme wie «Jeder Rappen zählt» geben müssen.

Solidarität und Menschlichkeit sollten keine Werte sein, die dem «Geben-und-Nehmen»-Prinzip unterliegen. So eine Welt wünsche ich mir.

Es gibt seit eh und je, auch in «Der kleine Lord», Menschen, denen es besser geht, die viel besitzen und es gibt solche, die weniger oder gar nichts besitzen. In unserem heutigen Wirtschaftssystem, das auf biegen und brechen immer wieder gerettet wird, wird es solche Unterschiede immer geben.

Es gibt Menschen, die besitzen sehr viel Kraft. Sei es politische oder finanzielle. Von ihnen würde ich mir wünschen, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst werden… 

«Aus grosser Kraft folgt grosse Verantwortung» (Zitat aus «Spider-Man»)

Grosse Kraft bringt grosse Verantwortung mit sich. Egal ob in der Wirtschaft oder in der Politik. Wer einen grossen Konzern führt, sollte nicht nur (Aktionärs-)Gewinne vor Augen behalten sondern sollte nie vergessen, dass hinter den Zahlen auch Menschen stehen. Ein Politiker, der sich jederzeit für Wahlen verkaufen muss, sollte nie vergessen, dass seine Worte gehört werden.

Ich zweifle nicht, dass sich viele Politiker und Manager an dieses Zitat aus «Spider-Man» halten. Sie sind es, die stillen Schaffer im Hintergrund, die man niemals vernimmt. Zu hören sind dafür andere…

Unser Leben währt nicht unendlich auf Erden. Auch unser Planet hat nicht unendlich viele Ressourcen. Es wird uns nicht gelingen, dass alle Menschen alles haben. Das sollte uns aber nicht daran hindern, jedem Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen.

Diesen Text habe ich mit dem «Kleinen Lord» begonnen, so werde ich ihn mit einem weiteren Zitat beenden: «Jeder Mensch sollte mit seinem Leben die Welt ein ganz klein wenig besser machen.»

Ich wünsche mir eine bessere Welt. Für alle.

Liebe zur Schweiz…

Inspiriert durch einen Blogpost von Philippe Wampfler will ich heute mal von meiner «Liebe zur Schweiz» schreiben. Nach meinen letzten Beiträgen, alle rund um das Thema «Rassismus» und meine Kindheitserlebnisse, könnte man wahrscheinlich denken, dass «Liebe» wohl ein falsches Wort ist…

Meine «Liebe» zur Schweiz ist in erster Linie eine tiefe Zuneigung zu Personen. Zuerst wären das mein Vater und meine Mutter, die sich damals, vor über dreissig Jahren auf das Abenteuer eingelassen haben, ein Kind zu adoptieren. Und wer sich mit Adoptionen beschäftigt, der weiss, wie «umständlich» diese sind, wie viel «Papierkrieg» es bedeutet. Und wie viel Geduld von wartenden Eltern.  Es waren in das damalige Abenteuer auch andere Menschen involviert, die alle weiter sahen, als es damals, in den 1970er üblich war. Auch ihnen gebührt meine tiefe Zuneigung.

Ich bin nicht patriotisch aufgewachsen. Den «1. August» habe ich nie gemocht. Ich mag unnötigen Krach nicht und gehe ihm aus dem Weg. Ich konnte nie verstehen, warum man unverhältnismässig viel Geld in die Luft schiesst.

Erst viel später wurde ich politischer. Bereits aus meiner Vergangenheit wusste ich, dass es wohl ein «Normalzustand» ist, wenn man als nicht «typischer» Schweizer angefeindet wird. Ich wusste aber auch, dass das nicht rechtens war. Deshalb fing ich an, mich für Politik zu interessieren. Es gab eine Zeit in der Schule, in der ich der einzige war, der die sieben Bundesräte mit vollem Namen, Partei- und Departementszugehörigkeit kannte. Eine grosse Leistung, wenn man von Leuten umgeben war, die stets betonten, dass sie «schweizerischer» als ich waren.

Die «Schweiz» als «Institution», als Land, kann ich nicht lieben. Sie hat mir nichts gegeben und – zugegebenermassen – auch nichts verlangt, wenn man von meinem Geld in Form von Steuern und meiner Zeit in Form von Zivilschutz absieht. Mein «Patriotismus» hält sich in sehr überschaubaren Grenzen – er ist schlicht nicht vorhanden. Ich denke nicht in Landesgrenzen. Diese sind immerhin im Gegensatz zu denjenigen in den Köpfen der Menschen fass- und veränderbar.

Wenn mein «Patriotismus» nicht vorhanden ist, was liebe ich dann an der Schweiz? Ich mag die Menschen. Nicht alle, einige. Eigentlich nur sehr wenige. Aber ich freue mich, dass es immer mehr Menschen gibt, die mir zeigen, dass man auch über äusserliche Unterschiede hinweg, gleich denken und handeln kann. Ohne Unterschiede. Dafür braucht es, denke ich, keine «Schweiz».

Hass

Am vergangenen Dienstag, dem 06. November 2012, wurde in den USA ein neuer Präsident gewählt. Wie sich am Mittwochmorgen dann herausstellte war der «neue» Präsident der «Alte». Barack Obama. Der erste afroamerikanische Präsident der USA.

Eigentlich wollte ich die Wahlen auf «CNN» live mitverfolgen. Eigentlich. Denn, wie es der Zufall wollte, stiess ich beim Zappen auf eine interessante Dokumentation über den amerikanischen Sänger und Menschenrechtsaktivisten Harry Belafonte: «Sing Your Song».

Eine berührende, sehr intime Dokumentation über den heute 85jährigen Schauspieler, der manchmal auch singt und seinen ewig dauernden Kampf für eine bessere Welt. Die «zeit.de» schrieb über den Film:

Sing your song ist ein Stück weit Selbstdefinition und Lebensbetrachtung Belafontes, den es nach eigenen Angaben immer wieder dahin zieht, "wo die Menschen um Gerechtigkeit kämpfen". Aber er ist auch ein glaubwürdiges und authentisches Plädoyer für gegenseitiges Verständnis und mehr Menschlichkeit in der Welt. (Quelle: www.zeit.de)

Die Dokumentation zog mich in ihren Bann und ich vergass die Präsidentenwahl vollends.

Am anderen Tag habe ich mich in das Leben von Harry Belafonte eingelesen und fand ein 99-Fragen-Interview, ebenfalls auf «zeit.de», in dem ich folgende Frage faszinierend fand:

Haben Schwarze besseren Sex als Weiße?
Da ich niemals Sex in Gestalt eines weißen Mannes hatte, kann ich diese Frage schwerlich beurteilen. Aber, lassen Sie mich bei Ihrer Frage, die Sie in einer frivolen und saloppen Art und Weise formulieren, doch noch einen Moment lang bleiben und sie ernst nehmen. Wenn Sie fragen, ob es beim schwarzen Mann ein Gefühl der sexuellen Überlegenheit und, wichtiger, beim weißen Mann ein Gefühl der sexuellen Unterlegenheit gibt, dann antworte ich: Dieser Punkt ist der alles entscheidende für die Analyse der fortdauernden Präsenz von Rassismus auf der ganzen Welt. Nicht nur in der Hinsicht, in der Sigmund Freud Sexualität als Triebfeder aller menschlichen Energien und Ängste gedeutet hat; sondern im konkreten sozialen Sinn. Die große Angst des weißen Mannes liegt in seiner sexuellen Unterlegenheit gegenüber dem schwarzen Mann. Diese Angst scheint unausrottbar. Sie besteht in der Annahme, dass der schwarze Mann die weiße Frau verführen oder vergewaltigen möchte, und sie liefert, in der Folge, die Begründung und Triebfeder dafür, dass der schwarze Mann kastriert und gelyncht werden darf und muss. Wie war es früher? Du durftest eine weiße Frau nicht einmal angucken, ohne gelyncht zu werden. (Quelle: www.zeit.de)

Wer sich über Harry Belafonte informiert, stolpert zweifelsohne auch über eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren Geschichte Amerikas: Diskriminierung von Farbigen und «Rassenunruhen». Die Antwort, die Belafonte auf diese Frage gibt, mag auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, wenn man sich aber mit der damaligen Zeit beschäftigt, insbesondere mit dem berühmt-berüchtigten «Ku-Klux-Klan», dann wird schlagartig bewusst, dass die Menschen früher tatsächlich so dachten. Und auch heutzutage ist das Klischee noch weitverbreitet, dass «Schwarze» übermenschlich grosse Genitalien hätten und jede (vorwiegend «weisse») Frau damit förmlich aufspiessen könnten. Die Porno-Industrie lässt dieses Vorurteil immer noch aufleben…

Ich werde nie verstehen wie man Menschen nach ihrem Äusseren beurteilen und klassifizieren kann. In «Reinrassige» oder «Mischlinge» oder gar «Bastarde». Und ich werde nie verstehen, wie man vom Äusseren eines Menschen bestimmte (Menschen-)Rechte ableiten kann bzw. diese vorenthalten kann. Im Übrigen kann ich auch diejenigen nicht verstehen, die ständig davon reden, dass die «Weissen» privilegiert sind. Rassismus wird nicht automatisch zur Gesellschaftskritik, wenn er sich gegen eine Mehrheit richtet…

Jeder Mensch ist gleich, egal welcher Hautfarbe, Nationalität, Geschlecht, Religion, politischer Einstellung er angehört. Ich weiss, dies mag für einige Zeitgenossen schwierig zu verkraften sein, vor allem dann, wenn sie denken, sie wären erhabener.

Es macht mich wütend zu sehen, dass es immer noch Rassismus gibt. Es macht mich wütend zu sehen, dass man dagegen nicht vorgehen kann. Denn – und das ist die Krux einer Demokratie – man muss auch solche «Meinungen» aushalten können.

Die Ironie wollte es, dass an diesem Wahlabend wieder ein «Farbiger» zum Präsidenten gewählt wurde trotz des latent vorhandenen Rassismus in der Gesellschaft. Denn, wie sonst könnte man sich wohl den folgenden «Tweet» eines «Romney»-Kampagnenleiters (http://www.mediaite.com/online/author-of-romney-campaign-blog-post-warns-white-women-against-voting-for-obama/) erklären:

Ich habe in meinem Leben viel erlebt. Zuviel. Ich habe erlebt wie es ist, wenn man nur nach dem Äusseren beurteilt wird. Wenn man sich jeden Tag erneut beweisen muss. Wenn man jeden Tag zeigen muss, dass man auch als «Farbiger» eine Daseinsberechtigung hat. Ich bin wütend. Aber ich hasse nicht. Nicht mehr. Ich kann nicht mehr.