Zwei Leben.

Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Normalerweise stimmt dieser Satz. Manchmal meint es aber das Schicksal gut und gibt Menschen eine zweite Chance. Eine Chance, zu leben. Eine Chance, ein zweites mal geboren zu werden.

Ich liebe nicht viele Menschen auf dieser Welt. Nur wenige absolut bedingungslos. Eigentlich nur deren zwei. Es sind die Menschen, denen ich meine Existenz, ein Sein, verdanke. Meine Eltern. Das mag sich nun gar zu pathetisch anhören. Aber meine Lebensgeschichte ist in dieser Hinsicht speziell.

Ich wurde adoptiert. Eine Tatsache, aus der ich nie ein Geheimnis gemacht habe, nie ein Geheimnis machen konnte. Meine Eltern haben nicht die gleiche Hautfarbe wie ich und so waren Fragen vorprogrammiert. Das hatte auch zur Folge, dass ich bereits im Kindergarten über meine Herkunft, meinen Ursprung, aufgeklärt wurde. Meine Eltern waren immer sehr offen. Für sie war es nie ein Problem. Für mich auch nicht. Niemals.

Natürlich habe ich oft mit meiner Herkunft einen inneren Zwist geführt. Natürlich habe den Umstand der Adoption bereut. Natürlich habe ich oftmals nach dem «Warum» gefragt (wohl etwas, was mit dem «Bereuen» zu tun hat). Allerdings habe ich nie an den guten Absichten meiner Eltern gezweifelt. Ich habe sie immer als «meine» Eltern gesehen. Nie nach meinen «richtigen» Eltern gefragt.

Berichte über Menschen, die ihre «richtigen» Eltern suchen, irritieren mich immer wieder. Und dann denke ich an meine Vergangenheit, denke zurück an meine Zweifel. Vielleicht hatte ich Glück. Vielleicht musste ich nie an meinen Eltern und ihrer Liebe zweifeln. Vielleicht musste ich nie darüber nachdenken, ob ich es bei meinen «richtigen» Eltern besser gehabt hätte.

Die Menschen in diesen Berichten suchen nun also ihre Eltern und vielfach erhoffen sie sich Antworten auf ihre Fragen. Die wohl wichtigste, warum man adoptiert wurde. Warum man weggeben wurde. Warum eine Mutter ihr eigenes Kind anderen Menschen anvertraut. Die Frage habe ich mir oft auch gestellt und die Antwort beschäftigt mich noch heute. Denn, manchmal sind die Fragen nicht so schlimm wie die Antworten. Weil manchmal die Antworten doch nur anders formulierte Fragen sind. Ich weiss nicht, ob ich, wenn ich nicht schon so früh mit dem Thema konfrontiert worden wäre, danach gefragt hätte. Es hätte mich nie Interessiert. Weil es für mich und meine Eltern nie eine Rolle gespielt hätte.

Ich werde meine «richtigen» Eltern niemals kennenlernen. Ich hege keinen Groll gegen sie. Keine Wut, kein böser Gedanke. Durch ihre Entscheidung haben sie mein Schicksal massgeblich beeinflusst und dafür danke ich auch ihnen. Sie haben mir mein erstes Leben geschenkt.

Mein zweites Leben haben mir meine jetzigen Eltern geschenkt.

Zwei Leben. Wie eine geglückte Operation. Wie das Eintauchen in eine neue, unbekannte Welt.

Für diese zweite Chance bin ich unendlich dankbar. Bedingungslos.

Empfehlung: fern-gesehen.com – Vom alltäglichen TV-Wahnsinn. Und Penissen.


Neues Intro für fern-gesehen.com

Es gibt zwei Magazine im Netz, die ich mir regelmässig anschaue: «FernsehkritikTV» und «fern gesehen». Ersteres ist Bestandteil eines empfehlenswerten Abos, bei dem man sich die Bestandteile selber aussuchen kann (unter anderem auch ein sehr sehenswertes Magazin von Lars, «PRESSESCH(L)AU»), letzteres ist ein seit 2010 in unregelmässigen Abständen erscheinendes Format von Lars Golenia (Twitter: @larsgolenia).

In den durchschnittlich zwanzig Minuten langen Folgen schaut er sich eine Sendung an und kommentiert diese auf witzige Weise und bringt so den Zuschauer dazu, über seine Sehgewohnheiten nachzudenken.

Ich weiss nicht mehr, wie ich auf seine Videos aufmerksam wurde, seit ich sie jedoch kenne, bin ich ein ziemlicher Fan von Lars und schätze seine Arbeit sehr. Im Folgenden möchte ich meine – natürlich rein subjektiven – Gründe dafür auflisten:

  • Lars’ Humor ist äusserst erfrischend und hebt sich vom dumpfen «Frauen sind so – Männer sind aber auch so»-Humor ab. Er unterlässt es auch, sich über Menschen lustig zu machen, die es ohnehin schon schwer im Leben haben.
  • Peniswitze: Ich glaube, es gibt keinen deutschsprachigen Kabarettisten, der für seine Peniswitze so bekannt ist wie Lars. Okay, die meisten Witze sind sehr flach aber immerhin noch ein Niveau höher als die Witze von Mario Barth.
  • Besonders witzig sind die Folgen, in denen Lars nicht alleine ist. Witzig gerade deshalb, weil sein Partner nicht zum blossen Stichwortgeber degradiert wird, sondern einen eigenständigen Humor hat.
  • Die Videos sind – für meinen Geschmack zu(!) – kurz. Aber dadurch auch sehr kompakt und die konzentrierte Dosis an Humor ist der Sache nicht abträglich. Es gibt (fast) keine Längen.
  • Lars kritisiert das TV-Programm, ohne dabei zu «moralisieren». Er überlässt das in einigen frühen Folgen seinem alter Ego «Sral».

Inzwischen gibt es über 50 Folgen von «fern-gesehen». Allesamt kann man sich kostenlos auf seiner Webseite oder auf seinem Youtube-Channel ansehen.

Leider ist die Veröffentlichungsfrequenz in den letzten Monaten stark gesunken. Okay, sie tendierte gegen Null. Inzwischen hat er sich aber durchgerungen und fängt wieder mit seinem Format an. Und man kann Lars dabei auch unterstützen: Auf «Patreon» kann man sich als «Patron» für Lars mit einem beliebigen Betrag registrieren*.

Hier noch eine kleine Auflistung von Folgen, die ich mir unbedingt ansehen würde:

*So wie ich Lars einschätze, würde er auch ohne diesen finanziellen Anreiz sein Ding durchziehen und Folgen veröffentlichen. Ich finde es aber toll, einem talentierten Künstler auf diese Weise eine Anerkennung zukommen zu lassen. Und ja, ich unterstütze ihn auch und nein, für diesen Beitrag erhalte ich keinen Cent. Ich möchte diesen Künstler ein wenig bekannter machen…

Was mich «glücklich» macht… (Teil 1)

In dieser losen Text-Folge möchte ich über Dinge schreiben, die mich «glücklich» machen. Zu diesen Texten habe ich mich während meines Krankenhausaufenthaltes entschieden. Das Leben ist zu kurz und die Welt zu schön um immer nur zu «kritisieren»…

Ich liebe Gespräche. Gespräche, die mich «weiterbringen». Gespräche, die mir neue Horizonte öffnen. Gespräche, die mir die anderen Seiten eines Menschen zeigen. Gespräche, die auch mal laut werden dürfen. Gespräche, die mich zum Lächeln bringen. Kurz: Jede fruchtbare «Interaktion» mit Menschen…

Gespräche sind wie Regentropfen in den Ozean der Gedanken. Jeder einzelne verändert mich. Und dafür bin ich dankbar.

Ein Stöckchen in Ehren kann niemand verwehren… Oder so…

Zuerst dachte ich, mein Hund (der beste von allen) würde einen Amok-Lauf mit seinem Stöckchen starten. Aber dann sah ich, dass es der äußerst liebenswürdige Daniel Menna war, der mir ein Stöckchen zuwarf. Da nehme ich mir doch mal Zeit und beantworte das und schreibe zugleich mal wieder einen Blog-Beitrag…

Hat dich Twitter schon dazu veranlasst, die eine oder andere Position zu überdenken?

Auf «Twitter» habe ich sehr viele interessante Menschen (so auch den Fragesteller) getroffen und «kennen»-gelernt. Diskussionen sind meistens – so hoffe ich – für beide Seiten bereichernd. Meistens habe ich durch Diskussionen andere Seiten gesehen. Seiten, die mein Denken bereichert haben und mich, meistens – oh Wunder – in meinen Positionen bestärkt haben.

Für wen schreibst du deinen Blog?

Wenn ich denn mal schreiben würde… Aber das ist eine andere Geschichte. Ich schreibe in erster Linie für mich. Nur für mich. Nun gut, dies ist natürlich etwas seltsam, dann könnte ich ja eigentlich entweder gar nicht oder dann im Geheimen schreiben. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nicht über Besucher freue. Nur, dann müsste ich zu anderen Themen und – was noch wichtiger wäre – viel fleißiger schreiben. So ist mein Blog mein «Frankenstein’sches Experiment» und wird es wohl auch für immer bleiben.

Findest du Menschen, die zu Fondue Rotwein trinken, befremdlich, bzw.: könntest du mit solchen Menschen befreundet sein?

Die Frage finde ich sehr interessant und möchte sie sogleich erweitern: Kann ich mit Menschen befreundet sein, die wehrlose Brotstückchen in geschmolzenem Käse äußerst brutal in Gesellschaft ertränken? Die also Käse als gebändigten «Lava Strom» geniessen? Und dazu auch noch Alkohol, ALKOHOL(!) trinken? Sind das nicht die Schlimmsten auf dieser Welt? Huch, ich schweife ab…

Ich trinke selber keinen Alkohol. Verbiete dies anderen nicht und mag es jedem gönnen, der diesen Freuden etwas abgewinnen kann. Ob allerdings ein Rotwein zu einem Fondue passt, wage ich zu bezweifeln. Eine Freundschaft würde ich deshalb nicht kündigen. Es ist doch so wie bei Fruchtsalat: Die Mischung macht erst den Reiz aus. Zumindest bei manchen Gerichten. Und bei manchen Menschen.

Welche Rolle spielt für dich die lokale Berichterstattung (Lokalzeitungen + Webseiten, Lokalradio und -TV)?

Vor zwei Jahren habe ich ein Abo für den «Tagesanzeiger» abgeschlossen und mag die Zeitung ganz gerne, auch wenn ich sie selten vollständig lese. Vor einigen Monaten habe ich auch noch die «Sonntagszeitung» abonniert, aber der Zeitungsbote hat wohl Mühe, sich in meinem Dorf zu orientieren zu finden.

Daneben habe ich natürlich noch das ortshiesige Käseblatt abonniert. Wobei ich da natürlich nur die Todesanzeigen und die Leserbriefe lese. Alles andere erfahre ich durch den «Tagi» oder das Internet. Und jetzt beantworte ich endlich die Frage…

Lokale Berichterstattung spielt in meinem Leben eine sehr untergeordnete Rolle. Das ist wie mit den Bergen: Sie sind schön anzuschauen, engen den Horizont aber doch sehr ein. So verhält es sich auch mit unseren Medien hier…

Immer wieder heißt es, das Internet mache die herkömmlichen Medien obsolet. Trotzdem ist es für viele Menschen eine grosse Sache, wenn sie in der Zeitung oder im TV erscheinen. Was glaubst du, warum ist das so?

Für viele Menschen erscheinen die «traditionellen» Medien nicht so vergänglich wie das Internet. Auch wenn das objektiv gesehen natürlich Unfug ist. Gerade das Fernsehen ist heutzutage einem extrem schnellen Wandel unterworfen (Hallo liebe Quote…!). Bei Printmedien kommt noch der Bonus hinzu: Ausschneiden und an die Wand hängen. Das Internet ausdrucken funktioniert ja nicht wirklich…

Ich denke nicht, dass die «traditionellen» Medien wirklich obsolet werden. Gerade wenn man mal «abschalten» will («offline sein» ist der neue «Luxus»!) ist gerade eine gute Zeitung unverzichtbar. Und wenn nicht zum Lesen… kann man sie immer noch zum Erschlagen der Fliegen einsetzen, die bei aufkommender Langeweile herumschwirren.

Aber ernsthaft: Das Prestige ist viel grösser, wenn man im TV erscheint – außer vielleicht in einem Fahndungsaufruf in den Nachrichten. Fernsehen ist noch was, da kommt nicht jeder rein. Im Internet kann man sich selber produzieren. Wer schlecht – oder eben gut – genug ist, hat dort Erfolg. In Zeitungen und im TV gibt es in dieser Hinsicht noch einige Hemmschwellen (außer vielleicht bei den privaten TV-Stationen…)

5 Fragen an meine Follower…

  1. Wie gehst du mit «Trollen» auf Twitter um? Füttern oder Verhungern lassen?
  2. «Social Media» ist vergänglich – Teilst du diese These?
  3. Wenn man dich anfragen würde, würdest du die Chefredaktion eines Printmediums übernehmen? Falls ja, von welchem?
  4. Inwiefern haben Twitter, Facebook und Co. einen Einfluss auf den Weltfrieden? Sind wir dank diesen Medien näher am globalen Frieden oder nicht?
  5. Was wäre ein neues, innovatives Medium, dass du dir wünschen würdest?

Niklaas, ein Junge aus Flandern

Als ich noch eine einzelne Zahl als Alter hatte, habe ich mir oft am Nachmittag im ORF die Kinderserien angesehen. Die Privaten empfingen wir noch nicht und das Programm auf dem Schweizer Kanal gefiel mir damals nicht sonderlich.

Damals lief im ORF die Serie „Niklaas, ein Junge aus Flandern“, basierend auf der Geschichte „The Dog of Flanders“ von Marie Louise de la Ramée (1839 – 1908). (http://de.wikipedia.org/wiki/Ouida).

Obwohl es eine Kinderserie war, war die Traurigkeit omnipräsent. Bereits in der ersten Folge lernt man einen kleinen Jungen kennen, der in ärmlichen Verhältnissen bei seinem Grossvater aufwächst. Später lernt man seinen Hund, Patrasch, kennen, den er vor einem sadistischen Händler rettet. Und man lernt auch ein Mädchen, Aneka, kennen, die als einzige zu ihm hält und über die Standesunterschiede hinwegsieht. Sie sieht ihn nicht mit den Augen Erwachsener. Sondern mit der Unschuld eines Kindes. Ihrem Vater, dem reichen örtlichen Gutsbesitzer, ist Niklaas und dessen Freundschaft zu Aneka von Beginn an ein Dorn im Auge.

Und als ob es das Leben nicht schon so schlecht mit dem Protagonisten meint, verliert er im Laufe der Serie auch seinen über alles geliebten Grossvater.

Trotz allem hat Niklaas einen Traum: Er möchte, inspiriert durch die Arbeiten Peter Paul Rubens, Maler werden. Sprichwörtlich vom Munde abgespart, kann er sich Zeichenmaterial kaufen. Seine Liebe für Details und seine Geduld lassen ihn bald zu einem sehr talentierten Maler werden. Doch, gerade als man denkt, es würde bergauf gehen, wird an einem Wettbewerb das Bild eines reichen Jungen bevorzugt…

Kurz: „Niklaas, ein Junge aus Flandern“ ist definitiv keine einfache Kost für Kinder. Ich erinnere mich, dass ich damals regelmässig bei dieser Sendung geweint habe.

Jetzt, rund ein viertel Jahrhundert später, sehe ich mir die Serie meiner Kindheit wieder an. Die Erinnerungen sind schlagartig wieder da und auch jetzt vergiesse ich bei den vielen Schicksalsschlägen Tränen. Früher fand ich einige Szenen traurig, nun, da ich älter bin und die Zusammenhänge verstehe, finde ich die ganze Geschichte traurig. Insbesondere deshalb, weil ich das Ende – ich habe es früher nur geahnt – trotz der deutschen Erzählstimme, die das Gegenteil spricht, verstehe: Niklaas stirbt am Ende. Das ist sein Schicksal. Auch wenn letztlich die Erwachsenen, die Niklaas soviel Unrecht angetan haben, ihre Fehler einsehen… Helfen können sie ihm nicht mehr.

Ich liebe diese Geschichte. Wenn sie nur nicht so traurig wäre. Oder, vielleicht gerade deswegen.