Vote for Luki!

Obwohl ich mich mehrheitlich aus der Politik und ebenjenen Diskussionen zurückgezogen habe, gibt es doch immer wieder Momente, in denen ich mich gerne für gute Dinge einsetze. So unter anderem auch für die Gemeinderatskandidatur meines Jahrgängers und Freundes Lukas Steimer. Damit sich die interessierten Natischerinnen und Natischer ein Bild über ihn machen können, habe ich ihn um ein kleines Interview gebeten. (Lesende, die meinem Blog schon länger folgen, erinnern sich vielleicht an eins mit Laura Kronig vor etwa dreizehn Jahren, welches immer noch über Google gefunden wird.)

Lukas Steimer
Lukas Steimer

Du wagst den Schritt in die Politik und hast dich als Unabhängiger auf der Liste der SP/Grünen Naters aufstellen lassen. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?

Nun, mir ist zu Ohren gekommen dass für die Natischer Liste noch Kandidat*Innen gesucht werden. Beiläufig habe ich dann einmal in einem Gespräch erwähnt, dass ich mir eine Kandidatur durchaus vorstellen könnte. Kurze Zeit später kam ein Anruf. Bis zu meiner definitiven Zusage habe ich dann aber noch etwas Bedenkzeit gebraucht. Es ist schliesslich nicht ohne sich in aller Öffentlichkeit politisch zu exponieren. Da ich nicht auf den Mund gefallen bin und mich zu vielen politischen Themen äussere, war es höchste Zeit, das auf Worte auch Taten folgen sollten. 

Für viele gilt deine Kandidatur sicher als aussichtslos. Was ist deine Motivation als politisch «unbeschriebenes Blatt» zu kandidieren, und wie schätzt Du selbst deine Chancen ein? 

Ein zweiter linker Sitz in Naters ist nahezu ausgeschlossen. Der eine linke Sitz gebührt dem amtierenden Bernhard Imhof, welcher in den vergangenen 8 Jahren sehr wertvolle Arbeit geleistet hat. Natürlich wurde der Ehrgeiz in mir geweckt ein möglichst gutes Resultat zu erreichen. Jede Stimme für mich dient automatisch der Liste 4 und hilft, den einzigen linken Sitz in Naters zu sichern. Aber gelegentlich passiert auch Unerwartetes – spannend wird es auf jeden Fall. 

Wenn du gewählt wirst, wofür wirst du dich einsetzen?

Im Gemeinderat möchte ich mich für die Menschen engagieren, welche es im Leben nicht so einfach haben. Natürlich liegt mir auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den endlichen Ressourcen am Herzen. Ebenso möchte ich mich für eine vielfältige Kultur, die KMUs und gegen das Ladensterben einsetzen. 

Hättest du eine konkrete Idee gegen das Ladensterben?

Als ich vor vielen Jahren meinen Laden in Naters eröffnen wollte, gab es keinerlei Startup-Hilfe. Weder finanziell noch in beratender Form. Das ist heute unverändert. Eine Beschriftung auf dem Wegweiser bei der Rhonebrücke oder einen Eintrag im Branchenverzeichnis der Gemeinde-Webseite zu erhalten erwies sich als schier unmöglich. Nach dem Ende des Corona-Lockdowns verhielt sich die Nachbargemeinde Bitsch vorbildlich: Für jede/n Einwohner*In der Gemeinde gab es einen Gutschein. Dieser konnte ausschliesslich beim lokalen Gewerbe in Bitsch eingelöst werden. Eine willkommene Hilfe welche ich mir auch für Naters gewünscht hätte. Generell hoffe ich auch darauf, dass in den Köpfen der Menschen ein Umdenken des Konsumverhaltens stattfindet.

Du bist ein Mann aus der Wirtschaft mit einem eigenen Unternehmen. Welche Erfahrungen bringst du aus deinem Berufsleben in den Gemeinderat mit?

Ich hoffe, dass ich als «Brückenbauer» fungieren kann: Nach rund 16 Jahren mit eigenem Betrieb kann ich authentisch bestätigen, dass Wirtschaftlichkeit nicht im Widerspruch zu Sozial- und Umwelt-Engagement stehen muss. Vielfältige Betrachtungsweisen ermöglichen es neue Wege zu gehen.

Kannst du dir vorstellen, mit deinem politischen Gegner gemeinsam Lösungen zu erarbeiten? Denkst du, das ist machbar?

Sobald man gewählt ist, sollte man sich nicht mehr als politische «Gegner» sehen. Im Gemeinderat gilt es, gemeinsam an Optimierungen und für die Bevölkerung zu arbeiten. Ich bin mir sicher, dass ich dies parteiübergreifend kann – auch wenn man als linke Minderheit im Gemeinderat natürlich die unkomfortablere Ausgangslage dafür hat.

Hast du bereits Reaktionen auf deine Kandidatur bekommen? Wie war das Feedback? Wurdest du auch enttäuscht?

Ich hatte viele positive Reaktionen und konnte wohl auch einige Nicht-Wähler*Innen zum Abstimmen bewegen. Sogar einzelne sonst listenreine SVP- und CVP-Wähler*Innen haben mir zugesichert, mich auf deren Listen nachzuführen. Das ist natürlich ein grosser Vertrauensbeweis von politisch Andersdenkenden. Belächelnde oder abschätzige Kommentare erreichten mich kaum. Auch bin ich sehr dankbar, dass ich (noch) nicht mit faulen Tomaten beworfen wurde :-).

Du wohnst seit 35 Jahren in Naters. Wenn du drei Wünsche frei hättest, was würdest du dir für die Gemeinde Naters wünschen?

Ich wünsche mir, 

  • dass Naters zur Stadt werden kann ohne den Dorf-Charme zu verlieren, 
  • dass sich die Einwohner*Innen von Naters Neuem öffnen können, ohne Angst zu haben, die eigene Identität einzubüssen und
  • dass Brig als Partner statt als Rivale gesehen werden kann.

Kannst du in einem Satz formulieren, warum dich die Einwohner*Innen von Naters wählen sollten?

Vote for Luki – de hesch ds Füüfi und ds Weggli!

Zur Person

Lukas Steimer ist 39 Jahre alt und wohnt seit 35 Jahren in Naters. Er betreibt in Gamsen eine Firma welche gebrauchter Hardware zu einem zweiten Leben verhilft. Daneben interessiert er sich für Retro Games & Computer, alte Flipperautomaten und Elektromobilität.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Hoffnung

No need to run and hide
It's a wonderful, wonderful life
No need to laugh and cry
It's a wonderful, wonderful life

„Wonderful Life“ (black)

Es ist der vierte Tag im Monat April im Jahre 2020. Ein Samstag. Ein sonniger Tag. Eigentlich ein toller Tag um die Zeit mit seinen Liebsten draussen zu verbringen, shoppen zu gehen oder einen Drink in einer Gartenkneipe zu geniessen und anderen beim Spazieren zuzuschauen. Eigentlich.

Denn seit bald drei Wochen herrscht in der Schweiz – und nicht nur hier – eine ausserordentliche Lage; manche würden es wohl Notstand nennen. Der Grund: #COVID-19.

Wie in einem verworrenen David-Lynch-Film so fühlt man sich auch jetzt in einer surrealen Welt: Das komplette soziale Leben ist lahmgelegt; nur noch die notwendigsten Geschäfte sind geöffnet; Schulen sind geschlossen; viele Menschen haben keine Arbeit. Einsamkeit. Ratlosigkeit. Hoffnungslosigkeit.

Und jetzt erkennen wir Menschen halt wieder einmal auf schmerzliche Weise, wie fragil das Leben doch eigentlich ist – und das man einander Sorge tragen sollte. Und auch wenn es Menschen gibt, die gerne Grenzen schliessen, Menschen wegsperren oder verhungern lassen würden; so interessiert sich ein Virus nicht für Grenzen. Ihm ist auch relativ egal, was der Mensch gewählt hat oder was er isst.

Anders aber als in einem Lynch-Film darf man hier durchaus auf ein „Happy End“ hoffen. Ich möchte meinen unverbesserlichen Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren; wenn ich sehe, wie Nachbarschaftshilfen funktionieren, wie viele Menschen in leider unterbezahlten Berufen (über eine faire Bezahlung müssen wir unbedingt sprechen!), für andere da sind; wenn ich sehe, dass viele für einmal ihre politischen Differenzen vergessen, so lässt mich das hoffen. Das Leben ist schön und es ist zu kurz um es mit Hass auf andere zu verbringen. Gerade jetzt.

Anmerkung: Der Text widerspiegelt nur und ausschliesslich meine Sicht und meine Gedanken. Ich masse mir nicht an, für andere Menschen zu sprechen… Aber vielleicht fühlt sich jemand durch meine Zeilen angesprochen… Das würde mich natürlich freuen…

Über «Street Photography» nachdenken…

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der «Street Photography». Schon seit vielen Jahren fasziniert mich diese Gattung. Der Mut, mich in diesem Genre zu versuchen, war allerdings bisher nicht vorhanden.

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In der vergangenen Woche habe ich jedoch begonnen, in den Pausen, einige Aufnahmen zu machen (hier und hier). So verliess ich meinen Arbeitsplatz jeweils über Mittag, bewaffnet mit der kompakten «X100s» von «Fujifilm», die mit einer Festbrennweite von 23 mm ausgestattet ist. Ideal für die Strassenfotografie.

23 mm (oder auch 35 mm oder 50 mm) zwingen den Fotografen dazu, mitten im Geschehen zu stehen. Anders als mit einem (Tele-)Zoom kann er sich nicht einfach verstecken und «heimlich» beobachten. Kurz: Je grösser die Brennweite, desto näher ist man am bzw. im Geschehen, desto weniger bekommt man von der Umgebung aufs Bild.

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Dabei steht wohl jeder Fotograf vor ähnlichen Herausforderungen: Begibt er sich ins Geschehen und lässt sich mit seiner Kamera erblicken oder bleibt er ausserhalb und «dokumentiert» das Geschehen als Unbeteiligter und Ungesehener.

Gerade letzteres finde ich persönlich heikel: Man «nimmt» sich etwas – in diesem Fall ein gutes Bild – ohne dafür eine «Gegenleistung» geben zu müssen. Das «Motiv» sieht den Fotografen ja nicht. Das ist insofern natürlich auch unglücklich, weil man dem Gegenüber so auch die Möglichkeit nimmt, mit einem ins Gespräch zu kommen.

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Bisher war ich immer – mehr oder weniger – mitten im Geschehen. Eine ungewohnte Position für mich und ich fühlte mich nicht immer ganz wohl dabei. In Zeiten allgegenwärtiger Überwachung, von Smartphones und Selfie-Sticks, sind Fotografen eine sehr skeptisch beäugte Gattung und so hat mich mehr die Angst beim Abdrücken begleitet als die Freude über ein gelungenes Foto. Wie ein äusserst talentierter Fotograf und Freund angemerkt hat, kann man die Verunsicherung bzw. die Angst aus meinen Bildern herauslesen. Recht hat er damit.

Und das ist natürlich schade: Gerne würde ich unbeschwert durch die Strassen ziehen und gelungene Momente fotografisch einfangen. Aber da fängt die Grüblerei schon an: Soll man die Frau, die gerade am Handy spielt fotografieren? (Ich habe es getan!) Soll man das Kind, dass durch einen Gartenzaun lugt ablichten? (Hätte toll ausgesehen, aber ich habe es nicht getan) Soll man das sich küssende Liebespaar knipsen? Oder überhaupt: Soll man Menschen fotografieren? Darf man das? Kann man das? Und was…

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Anstelle der Kreativität und der Neugier sind Zweifel und Angst getreten. Klar, das Genre der «Street Photography» war immer schon in einer Grauzone (soll man die Leute vorgängig um Erlaubnis bitten? Dann wären die Fotos gestellt. Soll man sie im Nachhinein um Erlaubnis fragen, besteht die Gefahr, dass viele Bilder nicht möglich wären). Aber inzwischen ist es um einiges komplizierter geworden – und daran sind die sozialen Medien, in denen man ganz schnell Bilder publizieren kann, nicht ganz unschuldig. Jeder hat Angst, (unvorteilhaft) in den grossen Weiten des Internets veröffentlicht und verewigt zu werden.

Diese Angst kann ich niemandem nehmen. Ich kann nur darlegen, was die «Street Photography» für mich bedeutet. Für mich bedeutet «Street Photography» das «Sehen» von Situationen, dass «Erzählen» von (alltäglichen) Geschichten. So sorgfältig wie ich meine Geschichten zu erzählen versuche, so respektvoll gehe ich mit den Protagonisten dabei um.

Von einer Wyssion

In meinem Leben hat sich in den letzten Monaten viel geändert. Viele neue Abenteuer haben begonnen, viele neue Menschen durfte ich kennenlernen, viele neue Erfahrungen durfte ich machen. Dabei wurde mir wieder einmal bewusst, wieviel Glück ich habe. Sei es durch meine Familie oder durch glückliche Fügungen. Das es auch anders geht, wird uns spätestens dann bewusst, wenn man die Tageszeitungen aufschlägt, den Fernsehapparat einstellt oder im Radio den Nachrichten lauscht. Die Welt ist, zweifelsohne, aus den Fugen geraten.

Und doch gibt es immer wieder Menschen, die den Mut nicht verloren haben. Die ihr Leben in Würde und selbstbestimmt leben möchten. Die an sich, ihre Fähigkeiten und an ihre Umwelt glauben. Menschen mit Visionen. Einer davon, den ich von Twitter her «kenne», ist Jürg Wyss (Facebook  / Twitter ).

Schon seit einiger Zeit folge ich ihm und habe so von seinem Projekt mitbekommen. Zuerst nur am Rande. Mit seinem Projekt «A Better Future For Filipinos – PhilipinerInnen» möchte er es Menschen, die ebenfalls eine Vision haben, ermöglichen, ein eigenes Geschäft aufzubauen (mehr Infos dazu hier:  und die Spendemöglichkeiten auf seiner «Indiegogo»-Seite). Das Projekt ist für mich der Beweis dafür, dass man in einer hoffnungslosen Welt doch noch Visionen und vor allem Hoffnungen haben kann. Doch, bis Jürg sein Projekt starten kann, ist noch viel Arbeit zu leisten. Insbesondere ist er auf Spenden angewiesen. Denn, wenn er den vorher festgelegten Zielbetrag nicht erreicht, kann er das Projekt nicht realisieren (was aber nicht heisst, das er dann die Menschen vergisst und einfach nicht hilft…)

Ich bin mit Spendeaufrufen immer sehr vorsichtig. Selber spende ich schon seit einigen Jahren einer Organisation in Indien, die mir persönlich sehr nahe steht. Jürg habe ich ebenfalls Geld gespendet. Ohne dafür eine Gegenleistung in Form eines «Perk» zu wählen. Wohlgemerkt: Ich habe einem Menschen mein hart erarbeitetes Geld amvertraut, den ich eigentlich nicht kenne. Mit dem ich via Facebook und Twitter «befreundet» bin und mit dem mich eigentlich nichts verbindet. Eigentlich. Zumindest haben wir beide die Hoffnung auf eine bessere Welt noch nicht aufgegeben. Und das ist doch schon mal etwas. Mehr braucht es nicht. Der Glaube an das Gute verbindet. (Und vielleicht treffen wir uns ja gleichwohl irgendwo einmal…)

Und so rufe ich meine Leserinnen und Leser ebenfalls auf, es mir und Jürg gleichzutun. Wenn ihr ein paar Franken übrig habt, spendet die seinem Projekt. Damit es auch anderen Menschen gelingt, ihre Vision(en) zu realisieren und somit den Schritt in eine bessere Welt tun zu können.

Natürlich könnte das ganze auch ein «Fake» sein. Natürlich könnte sich Jürg mit dem ganzen Geld aus dem Staub machen und sich ins Fäustchen lachen. Natürlich könnte das all möglich sein. Aber wenn wir nicht lernen, auf Menschen unvoreingenommen zuzugehen. Wenn wir nicht lernen, dass in jedem Menschen etwas Gutes ist, werden wir eines Tages einsam und verbittert sein. Deshalb vertraue ich Jürg, weil ich an das Gute im Menschen glaube. Trotz all meiner negativen Erfahrungen. Oder gerade deswegen.

Zwei Leben.

Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Normalerweise stimmt dieser Satz. Manchmal meint es aber das Schicksal gut und gibt Menschen eine zweite Chance. Eine Chance, zu leben. Eine Chance, ein zweites mal geboren zu werden.

Ich liebe nicht viele Menschen auf dieser Welt. Nur wenige absolut bedingungslos. Eigentlich nur deren zwei. Es sind die Menschen, denen ich meine Existenz, ein Sein, verdanke. Meine Eltern. Das mag sich nun gar zu pathetisch anhören. Aber meine Lebensgeschichte ist in dieser Hinsicht speziell.

Ich wurde adoptiert. Eine Tatsache, aus der ich nie ein Geheimnis gemacht habe, nie ein Geheimnis machen konnte. Meine Eltern haben nicht die gleiche Hautfarbe wie ich und so waren Fragen vorprogrammiert. Das hatte auch zur Folge, dass ich bereits im Kindergarten über meine Herkunft, meinen Ursprung, aufgeklärt wurde. Meine Eltern waren immer sehr offen. Für sie war es nie ein Problem. Für mich auch nicht. Niemals.

Natürlich habe ich oft mit meiner Herkunft einen inneren Zwist geführt. Natürlich habe den Umstand der Adoption bereut. Natürlich habe ich oftmals nach dem «Warum» gefragt (wohl etwas, was mit dem «Bereuen» zu tun hat). Allerdings habe ich nie an den guten Absichten meiner Eltern gezweifelt. Ich habe sie immer als «meine» Eltern gesehen. Nie nach meinen «richtigen» Eltern gefragt.

Berichte über Menschen, die ihre «richtigen» Eltern suchen, irritieren mich immer wieder. Und dann denke ich an meine Vergangenheit, denke zurück an meine Zweifel. Vielleicht hatte ich Glück. Vielleicht musste ich nie an meinen Eltern und ihrer Liebe zweifeln. Vielleicht musste ich nie darüber nachdenken, ob ich es bei meinen «richtigen» Eltern besser gehabt hätte.

Die Menschen in diesen Berichten suchen nun also ihre Eltern und vielfach erhoffen sie sich Antworten auf ihre Fragen. Die wohl wichtigste, warum man adoptiert wurde. Warum man weggeben wurde. Warum eine Mutter ihr eigenes Kind anderen Menschen anvertraut. Die Frage habe ich mir oft auch gestellt und die Antwort beschäftigt mich noch heute. Denn, manchmal sind die Fragen nicht so schlimm wie die Antworten. Weil manchmal die Antworten doch nur anders formulierte Fragen sind. Ich weiss nicht, ob ich, wenn ich nicht schon so früh mit dem Thema konfrontiert worden wäre, danach gefragt hätte. Es hätte mich nie Interessiert. Weil es für mich und meine Eltern nie eine Rolle gespielt hätte.

Ich werde meine «richtigen» Eltern niemals kennenlernen. Ich hege keinen Groll gegen sie. Keine Wut, kein böser Gedanke. Durch ihre Entscheidung haben sie mein Schicksal massgeblich beeinflusst und dafür danke ich auch ihnen. Sie haben mir mein erstes Leben geschenkt.

Mein zweites Leben haben mir meine jetzigen Eltern geschenkt.

Zwei Leben. Wie eine geglückte Operation. Wie das Eintauchen in eine neue, unbekannte Welt.

Für diese zweite Chance bin ich unendlich dankbar. Bedingungslos.