Erinnerst du dich?

Stille. Der Raum ist erfüllt von Stille. Schwere, rote Vorhänge versperren die Sicht aus den Fenstern. Draussen regnet es. Ich höre die Regentropfen an die Scheiben prasseln. Irgendwo höre ich leise Musik. Ein Klavierspiel. Ich sehe dich auf dem Bett liegen. Du liegst da, schlafend, die Augen geschlossen. Menschen betreten das Zimmer, verharren eine Weile, verlassen uns so still wie sie gekommen sind.

Ich denke an die letzten gemeinsamen Tage zurück. Wir waren in den Bergen. Du, in der Stadt aufgewachsen, hast dich schnell an die Berge gewöhnt, hast sie schnell lieben gelernt. Oftmals sind wir einfach nur stundenlang gewandert, haben die Natur genossen, Arm in Arm. Irgendwie waren die vergangenen Maitage besonders. Wir haben beschlossen zu heiraten.

Erinnerst du dich?

Wir sassen auf deiner Lieblingsbank und haben über Gott und die Welt gesprochen. Du meintest, dass dich dein Studium ausfüllen würde und du sehr glücklich seist. In deinen Augen las ich, dass dich etwas bedrückt hat. Du wolltest es mir nicht sagen, wolltest den Moment, die Stimmung und unsere Liebe nicht belasten. Ich wollte dich heiraten. Ich wusste, es war der richtige Zeitpunkt dir einen Antrag zu machen. Und ich wusste, du wolltest es auch. Du hast meine Hände in deine genommen, mir tief in meine Augen geschaut und mich geküsst. Ja, du wolltest es auch…

Und jetzt liegst du da … Die Tür geht auf. Einige Menschen stehen unschlüssig an deinem Bett, wissen nicht, was sie sagen sollen. Sie bleiben still. Da durchzuckt mich ein Gedanke.

Erinnerst du dich?

Ich sehe dir nochmals in die Augen. Sie sind offen, jegliches Leben scheint wie ausgehaucht. Langsam bewege ich mich von dir fort. Meine Lippen öffnen sich, ich will noch etwas sagen … Stille. Es gibt nichts mehr, was ich sagen könnte, was ausdrücken könnte, was du mir bedeutest. Du wirst nicht mehr zurückkommen. Nie mehr. Doch, wir werden uns wiedersehen. Ganz sicher. Irgendwann einmal. Und bis dahin, warte.