Von Menschen und Schweizern…

Gedanken zur «Durchsetzungsinitiative» der Schweizerischen Volkspartei

In einigen Wochen ist es wieder soweit: Die ersten Abstimmungen stehen an. Neben der Volksinitiative (Vi) «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» und derjenigen «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» geht es – mal wieder – um die Ausschaffung krimineller Ausländer. Die von der SVP lancierte Initiative verlangt, dass die VI «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer» (auch bekannt als «Ausschaffungsinitiative») aus dem Jahr 2010 wortgetreu umgesetzt wird. Sie hat auch gleich einen ganzen Katalog von strafbaren Taten, die eine automatische Ausschaffung und ein Einreiseverbot (zwischen 5 – 15 Jahre) mit sich bringt.

Auf den ersten Blick klingt das doch irgendwie toll: Schaffen wir einfach mal all die «bösen Ausländer»™ aus. Die Schweiz würde sicherer und alle wären glücklich.

Auf den zweiten Blick sieht das ganze schon ein wenig düsterer aus, denn es geht eben nicht nur um Ausländer, die kurz in der Schweiz sind, es geht – kurz gesagt – um alle Menschen, die keinen Schweizer Pass besitzen. Es kann also ebenso den 20jährigen Jugendlichen treffen, der hier geboren und aufgewachsen ist. Sein Pech: Er hat einfach keinen Schweizer Pass. Dabei spielt es keine Rolle, dass er das Land, aus dem seine Eltern stammten nur aus den Ferien kennt, die Sprache nicht spricht und auch sonst hier gut integriert ist. Er könnte sich ja «problemlos einbürgern lassen», lässt Christoph Blocher, Noch-Vize der SVP verlauten. Natürlich könnte er sich einbürgern lassen, aber wie bereits der von mir hochgeschätzte Sascha in seinem Blog schreibt, ist das ein wahrer Spiessrutenlauf. Die Aussagen, die Blocher im «Tagesanzeiger»-Interview macht, sind doch relativ zynisch zu verstehen und zeugen von einem Menschenbild, das ich nicht teilen mag – und da geht es mir wohl nicht alleine so.

Der dritte Blick ist nicht mehr düster. Er ist brandschwarz. Die in der Bundesverfassung (Art. 5 Absatz 2) verankerte Verhältnismässigkeit wird über den Haufen geworfen und einem Automatismus unterworfen, dem sich auch Richter unterzuordnen haben. Aber es ist nicht nur das, was mir Sorgen bereitet. Vielmehr geht es der SVP mit dieser Initiative nicht um die Opfer – auch wenn das Natalie Rickli, Nationalrätin der SVP, so gerne immer wieder betont (u. a. hier). Es geht vielmehr darum, «Schweizer» und «Nicht-Schweizer» noch stärker zu unterscheiden und zu trennen. So sind auch gemäss Hans-Ueli Vogt, SVP-Nationalrat, Secondos beispielsweise Menschen, die «nicht zur Gemeinschaft der Schweizer Bürger zählen, zur Schweizer Rechts- und Sozialgemeinschaft hingegen schon». Solche Unterscheidungen erstaunen doch sehr.

Der Titel dieses Beitrages lautet: «Von Menschen und Schweizern»… Natürlich sind Schweizer auch Menschen, wie auch diejenigen, die hier ohne den roten Pass leben. Diesen roten Pass, den sie dank der (J)SVP, nur sehr schwer bekommen können.

Ich würde mir wünschen – als verspäteter Wunsch zum neuen Jahr – dass die Menschen realisieren, dass man nur miteinander die Probleme, die in den nächsten Jahren auf uns warten, lösen können. Dass es nicht um «Papier»-Schweizer und richtige «Schweizer» (damit sind wohl «Eidgenossen» gemeint?) geht. Dazu braucht es aber auch Politiker, die miteinander arbeiten (wollen). Die nicht im «Volk» die einzig wahren Bestimmer und im (politischen) Gegner den Feind sehen.

Diejenigen, die im Februar 2016 abstimmen dürfen, sind alle nur aus glücklichen Umständen im Besitze des roten Passes. Das sollten wir bei Diskussionen, die uns nicht, dafür aber Menschen ohne eben dieses «magische» Stück, betreffen, nie vergessen.